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ReiseberichtPazifikPanama City und
Contadora (24.05.-02.06.2009)
Panama City und ContadoraNach einer Nacht an der Mooring des Balboa Yacht Clubs wollten wir schnell Diesel bunkern und dann ins kostenlose Ankerfeld umziehen. Zum einen hofften wir, dadurch dem Zugriff der "Offiziellen" zu entgehen, zum anderen waren uns die Kosten für die Mooring zu heftig. Wir verbrachten wiedermal einen halben Vormittag mit Warterei auf die Angestellte im Clubbüro etc., nur um herauszufinden, dass sie uns keinen Diesel verkaufen können. Angeblich ginge es nur für Kunden des Clubs, vermutlich war einfach nur der Tank alle. So zogen wir unverrichteter Dinge ab und tuckerten die bis zu einigen kleinen Inseln herausgezogene Hafenmole entlang auf die Nordseite und suchten uns ein Fleckchen im Ankerfeld. Bei 5m Tidenhub gaben wir alles an Kette, was wir hatten. Es war schwierig einzuschätzen, wer wo seinen Anker hatte, denn in der Regel herrschten schwache Nordwinde. Die ziemlich regelmäßigen nachmittäglichen Regenschauer brachten jedoch zum Teil Wind in Sturmstärke aus Süd. Wieder hieß es Dinghi aufbauen und ruck zuck war der Tag vorbei, ohne dass wir auch nur irgendetwas von unserer Liste erledigt hatten. Immerhin hatten wir mit Ricardo telefoniert, der uns am nächsten Tag eine neue Handfunke vorbeibringen wollte und eine nette Story von unseren spanischen Ankernachbarn erfahren, die auch von "Beamten" aufgesucht wurden. Sie waren bereits eine Woche vor Anker, als sie auf einen Samstag gebeten wurden, ihre Papiere vorzuweisen und endlich in Balboa einzuklarieren. Dafür sollte eine Gebühr von 25 $ anfallen. Als sie nach einer Quittung verlangten, war die Gebühr plötzlich nicht mehr nötig, aber sie sollten während der Woche in der Stadt ins offizielle Büro kommen. Offensichtlich versuchen gewisse Herren, am Wochenende zu einem kleinen Zusatzgeschäft mit ahnungslosen Seglern zu kommen. Wir blieben insgesamt auch eine Woche, zum Glück ohne dass uns noch jemand belangt hat. Am nächsten Tag fuhren wir mit öffentlichen Bussen in die Stadt. Punkt Numero 1 war das Hauptpostamt, wo wir einige Päckchen vorzufinden hofften. Im Balboa Yacht Club hatte nur ein Abholschein vorgelegen und wir waren schon etwas in Sorge. Um so größer war die Freude, als uns tatsächlich alle 3 erwarteten Sendungen ausgehändigt wurden, unter anderem ein nachträgliches Geburtstagsgeschenk für Marlene. Mittags hatten wir uns mit Ricardo in einem Ausrüsterladen verabredet, denn Lars wollte das neue Handfunk-Gerät doch lieber vorher sehen. Für Ricardo war es Ehrensache, seinen Fehler wieder gut zu machen und er bezahlte dafür aus seiner eigenen Tasche. Wir waren froh, dass es so reibungslos und ohne Streiterei geregelt wurde. Nebenbei haben wir dadurch jetzt eine Handfunke, die schwimmfähig ist, falls sie mal wieder ins Wasser fällt. Wir kauften für uns noch diverse Kleinigkeiten und waren froh, als wir dem Moloch von Stadt entflohen und wieder draußen auf der Mole angekommen waren. Selbige war lange Zeit militärisches Sperrgebiet, so lange die Amerikaner den Kanal unter sich hatten. Jetzt entsteht dort eine Schicki-Micki-Ausgeh-Gegend. Überall wird gebaut und die Flaniermeile ist schon fertig. Den nächsten Tag fuhr Lars allein in die Stadt. Unsere
selbstgebastelte
Außenborderhalterung rostet so langsam weg und schreit nach Ersatz.
Außerdem
wollten wir noch ein paar Seekarten und
Guide-Bücher besorgen. Die
Tour war nur mäßig erfolgreich, die
Außenborderhalterung brachte Lars 2 Tage später mit eigenen Kräften
wieder
provisorisch auf Vordermann. Ich hatte derweil mit Till Schule gemacht,
die bei
all den Erledigungen der letzten Zeit etwas zu kurz gekommen war.
Auch der nächste Tag verging wieder mit Erledigungen, wobei Lars sicherheitshalber auf dem Schiff blieb. Vergeblich versuchte ich zu einem Ersatzakku für unsere neue Kamera zu kommen. Obwohl die Mall diverse Elektronik-, Foto- und sonstige Läden aufwies und es mühelos mit ihresgleichen in den Vereinigten Staaten aufnehmen könnte (viele Amis fliegen wohl extra zum Shopping nach Panama), war da nichts zu löten. Genauso vergeblich suchte ich die angeblich vorhandene Fedex-Filiale. Die Mall war sicher mindestens einen Kilometer lang. Am Ende kehrte ich ziemlich beladen mit den Kindern zum Schiff zurück. Nachmittags besorgte ich mit Don und Priscilla zusammen Diesel und Benzin für den Außenborder. Wir mußten 2x per Taxi zur nächsten Tankstelle fahren und so ganz wohl war uns mit so viel Brennstoff im Kofferraum bei den rüden Verkehrsverhältnissen nicht. Nach etlichen Telefonaten hatte ich Fedex endlich dazu überreden können, in ein bestimmtes Restaurant zu kommen, denn wir hatten ja weder eine feste Adresse noch ein funktionierendes Telefon. Lars hatte den Kurier abgefaßt, doch dieser hatte ihn mit allerlei Papieren zurückgelassen und unser Päckchen mit den Videokassetten nicht mitgenommen. Als ich das nächste Mal die Hotline anrief, war es inzwischen nach 20 Uhr und die Kuriere hatten Feierabend. Da konnte mir der nette Telefonist, der im übrigen in El Salvador saß, leider auch nicht weiterhelfen. Wir hatten die Nase gestrichen voll und gaben die Sendung am nächsten Tag für ein Zehntel des Preises beim Hauptpostamt auf. Auf den Frust gab es leckeres Eis. Die Eisdiele muß ich hier unbedingt noch einmal extra erwähnen. Jede einzelne Sorte war sein Geld wert, u.a. gab es 3 verschiedene Schokoladensorten. Es soll Segler geben, die sich systematisch durchgekostet haben... Unsere Freunde Don und Priscilla waren wieder einmal
schneller als wir und
brachen in Richtung Las Perlas Inseln auf. Wir fuhren zum
Gemüsegroßmarkt und
bunkerten jede Menge ungekühltes
Obst und Gemüse zum
Schnäppchenpreis. Als wir am Spätnachmittag mit allem
Verstauen fertig waren und den wohlverdienten Feierabend genießen
wollten, fiel
Lars bei den letzten ordnenden Handgriffen am Kartentisch auf, dass das
neue
Kamera-Akku-Ladegerät gar nicht in unsere Steckdose paßt, sondern
natürlich
einen amerikanischen Stecker hatte. Es wäre doch zu dumm gewesen, wenn
wir nun
eine neue Kamera gehabt hätten, aber mangels Stromversorgung kein
einziges Bild
mehr hätten knipsen können. Also blieb uns nichts weiter übrig, als
schnell mit
dem Taxi zur Mall zu fahren, um dort im Heimwerkermarkt nach
entsprechenden
Adaptern oder Steckern zu suchen. Zum Glück wurden wir fündig und
unserer für
den nächsten Morgen geplanten Abfahrt stand nun nichts mehr im Weg.
Das Ankerfeld von Panama-City war nicht unser
Lieblingsfleck geworden und wir
weinten ihm keine Träne nach, als wir den Anker lichteten. Es war den
ganzen Tag
nahezu windstill und wir motorten die ca. 35 sm bis Contadora, wo wir
wieder
einmal neben der Chautauqua an einer kostenlosen Mooring festmachten.
Je näher
wir dem Perlas Archipel kamen, desto häufiger trieben Baumstämme und
Astflöße
auf dem Wasser, auf denen sich z.T. zweibeinige geflügelte Gäste als
blinde
Passagiere angefunden hatten. Die Sandstrände sahen wirklich verlockend
aus und
natürlich wurden wir mit den neuesten Neuigkeiten versorgt, wo man z.B.
die
Dieselbestände gleich wieder aufstocken kann und wo die Kinder ein
Baumhaus zum
Spielen finden würden.
TumacoWie unseren Freunde Don und Priscilla, die einen Tag vor uns aufgebrochen waren, bescherten uns die ersten 2 Segeltage schönen Nordwind, der am 3. Tag von Flaute und anschließend von Südwest abgelöst wurde. Wir konnten den Kurs auf Galapagos nicht halten und hielten immer weiter südlich auf die Festlandsküste zu, als in einer Gewitterböe unser 2. Vorstag mit der Fock vom Mast brach. Wir waren gerade beim Abendessen und ich dachte im ersten Moment nur, dass die Segel back stünden. Erst später begriff ich, dass irgendwas mit dem Stag nicht stimmte, da sich das Segel merkwürdig beulte. Das Fall hatte verhindert, dass das Segel ganz heruntergekommen war. Wir bargen also alles und waren fürs erste froh, dass Stag und Beschlag heile geblieben, und nur die Nieten gebrochen waren. Im abendlichen deutschen Funknetz und am nächsten Morgen im amerikanischen Panama-Pazific-Netz bekamen wir jede Menge Ratschläge, wo wir die Sache am besten reparieren lassen könnten. Zurück nach Panama kam für uns nicht in Frage und noch 400sm weiter schien uns zu weit. Der Zufall wollte es, dass die Chautauqua ebenfalls Probleme und wegen ihres defekten Autopiloten den Hafen Tumaco an der kolumbianischen Küste angelaufen hatte. Zeitgleich lag dort auch ein amerikanisches Rot-Kreuz-Schiff, das ihnen sofort Hilfe angeboten hatte. Für uns war es der nächste und einfachste Hafen und die Kinder freuten sich auf ein Wiedersehen mit unseren Freunden. So stand die Entscheidung schon fest und 2 Tage später ankerten wir friedlich neben der Chautauqua und kochten Kürbissuppe, denn die Kürbisse waren uns aus dem neu installierten Netz gefallen und aufgeplatzt. Am nächsten Tag enterte Lars den Mast und besah sich den Schaden. Außerdem füllte er wohlweislich Diesel aus den Kanistern in den Tank, denn Joe vom Rot-Kreuz-Schiff "Comfort" besorgte uns neuen Kraftstoff und versprach, Nieten und eine Nietenzange vorbeizubringen. Nachmittags bekamen wir Besuch von den "Offiziellen". Sie waren erst bei Don und Priscilla längsseits gegangen und kamen anschließend zu uns. Eigentlich hatten wir gar nicht vorgehabt, uns zu melden oder an Land zu gehen. Nun war es aber wohl unumgänglich. Ein Herr von der Immigration ließ sich unsere Pässe zeigen und beschrieb ein Formular, ein Hygiene-Inspektor ließ einen kurzen Blick durch das Schiff schweifen und bescheinigte uns trotz unser gammeligen Bananen die hygienische Unbedenklichkeit. Ein dritter vertrat die Hafenbehörde und meinte, wir müssten mit ihm an Land kommen. Ein weiterer Herr wurde uns als Agent vorgestellt. Auf meine explizite Nachfrage rückte er mit der Information raus, dass er 150$ verlangen würde. Er redete im Übrigen kein einziges Wort mit uns, obwohl er doch bemerkt haben mußte, dass ich ein bißchen Spanisch sprach. Ich beschloß, mit Marlene an Land zu gehen. Als Don und Priscilla mit ins Boot stiegen, tauchte auf einmal die Frage auf, wie wir denn gedächten, zurück zu kommen und ob wir kein Dinghi hätten. Erst als man uns versicherte, uns zurück zu bringen, stiegen die beiden mit ein. Was folgte, stieß dem Faß der Bürokratie den Boden aus. Zunächst einmal ließ man uns sitzen und warten. Der Port Captain begann gerade mit einer Besprechung und die Befragung, warum wir Tumaco angelaufen hätten (als wäre das ein Verbrechen), konnte angeblich nur im Beisein eines Agenten stattfinden. Der Agent redete immer noch kein Wort mit uns und ich sah nicht ein, warum ich ihm so viel Geld in den Rachen werfen sollte. Er war mir schlichtweg unsympathisch. Die einzigen zwei Lichtblicke waren der gute Kaffee (laut Aussage von Priscilla, denn ich trinke immer noch keinen) und die Bekanntschaft mit dem Leutnant Julian Cuartas von der Coastguard. Letzterer sprach fließend englisch, hatte in den USA studiert und war überaus diplomatisch und hilfsbereit. Eigentlich hatte er mit der Hafenbehörde gar nichts zu tun, außer dass sein Quartier direkt im Nachbargebäude war. Er leistete uns Gesellschaft und versuchte ebenso wie wir zu verstehen, warum es nicht vorwärts ging. Alles schien daran zu hängen, dass wir einen Agenten bräuchten. Inzwischen war eine Liste mit weiteren verfügbaren Agenturen herausgerückt worden, aber die Büros waren leider nicht mehr besetzt. Wir hatten 2 1/2 Stunden geduldig ausgeharrt, aber nun war Abendbrotzeit und ich wies darauf hin, dass Marlene demnächst auch ins Bett müsste. Wir sollten am nächsten Morgen um 8 Uhr wiederkommen und es würde nur eine Viertelstunde dauern. Wer's glaubt, wird selig. Der Leutnant sorgte dafür, dass wir zu unseren Schiffen zurückgebracht wurden und versprach, die Agenturen abzutelefonieren. Am nächsten Tag ging die
Posse weiter. Wir waren pünktlich von der Coastguard
abgeholt worden und noch vor dem Chef und der Sekretärin in der
Capitaneria. Als
erstes wurden wir zum Chef bestellt, der uns mit der Frage
konfrontierte, was
wir denn von ihm wollten. Komisch, uns wurde ja gesagt, er wolle etwas
von uns!
Es wurden die Vorgänge vom Vortag angesprochen, der Grund unseres
Aufenthaltes
in Tumaco, die teure Agentengebühr (in Cartagena hatte es nur 60$
gekostet und
wir hatten nur unsere Papiere übergeben und die Behörden nicht einmal
zu Gesicht
bekommen) etc. Der Angestellte vom Vortag, der Leutnant und eine junge
Frau, die
unsere Agentin sein sollte, waren inzwischen eingetroffen. Angeblich
gab es
keinerlei Probleme und die Papiere sollten nun fertig gemacht werden.
Eifrig
wurde kopiert und "unsere Agentin" flitzte hin und her. Anderhalb
Stunden später
wurde ich zum Unterschreiben in eine Amtsstube gerufen. Das Papier
strotzte nur
so vor Fehlern. Unter anderem wurde unserer Spica eine Geschwindigkeit
von 33
Knoten vom "Schiffsinspektor" bescheinigt (na ja, mensch rennt dann
vielleicht
auch locker mal mit 150km/h), unsere Postleitzahl wurde zur
Schiffsregistriernummer... Papier ist geduldig, dachte ich mir und
unterschrieb.
Ich hatte keine Lust, den
Leuten ihren Unfähigkeit unter die Nase zu reiben oder
ihren Stolz zu verletzen. Don und Priscilla unterschrieben auch und
unsere
Agentin sollte nur noch ein kleines Schriftstück aufsetzen, weshalb wir
um 11
Uhr wieder zur Stelle sein sollten. Eine Befragung wäre nicht mehr
nötig. Klang
ja gut. Und das "Zarpe" (Ausklarierung fürs Schiff)? Das wäre morgen,
wenn's Not
tut auch schon heute Nachmittag um 4-5 Uhr fertig.
Am nächsten Tag konnte Lars endlich unser Vorstag reparieren. Ich bin immer wieder voll Bewunderung, wie gründlich er jeden Handschlag plant und wie gut er das alles hinkriegt. Die Kinder waschen und trocknen sämtliche beim Unwetter in Panama salzdurchtränkten Konserven mit Regenwasser. Nachmittags kamen Julian und Juan, um sich zu
verabschieden. Die Kinder hatten
ihnen Bilder gemalt und wir bekamen Guavenschnitten geschenkt.
Galapagos ArchipelWir gingen zusammen mit unseren Freunden Ankerauf. Wegen der Piratengefahr wollten wir so dicht an der Küste lieber in Sicht- und Funkweite bleiben. Die Drogenbanden nutzen die undurchdringlichen Sumpfgebiete nördlich von Tumaco als Unterschlupf. Überfälle auf Yachten sind in letzter Zeit aber angeblich nicht vorgekommen. Anfangs konnten wir ganz gut Kurs anlegen. Später drückten uns Wind und Strömung immer mehr Richtung Land in eine weite Bucht hinein. Während der Nacht vorloren wir die Chautauqua aus den Augen. Plötzlich tauchten in der Nähe kleine offene Fischerboote auf, die wild gestikulierten und aufs Wasser leuchteten. Lars erspähte ein großes Fischernetz und änderte den Kurs. Kurz danach meldete sich Priscilla per Funk. Auch bei ihr war ein kleines Boot aufgetaucht und sie hatte Angst vor einem Überfall. Ich berichtete ihr von dem Fischernetz bei uns, was sie etwas beruhigte. Tja, mit den Netzen haben wir es irgendwie. Später sahen wir es zu spät und hingen schon drin fest. Fischer kamen und versuchten zu helfen, konnten aber nichts ausrichten. Wir grübelten herum und kamen auf die Idee, das Netz, das sich um den Kiel gewickelt hatte, mit dem Spibaum nach unten zu drücken, denn das war der einzige Gegenstand, der lang genug dafür war. Wir hatten Glück. Gerade als wir es nach mehreren Versuchen aufgeben wollten, waren wir irgendwie freigekommen. Die Fischer kamen zurück und leuchteten uns den ganzen Weg voran, bis wir das Ende des Netzes erreicht hatten und ins offene Meer hinaussteuern konnten. Gegen Strömung, Wind und Welle motorten wir nach Westen. Obwohl wir soviel Gas gaben, wie es der Dauerbetrieb der Maschine zuließ, machten wir nur knapp 2 kn. Manchmal stoppten uns die Wellen auf 0,4 runter. Das war schon frustrierend und der Lärm ging uns ziemlich auf die Nerven. Später konnten wir wenigstens die Segel dazu setzen und waren ein bißchen schneller und stabiler in den Wellen. Die nächsten Tage wurden zur Geduldsprobe. Wir segelten hart am Wind und unser Kurs wurde durch die Strömung noch mal mindestens um 30° nach Norden versetzt. Bei Flaute mußten wir wieder motoren. Es waren mühsam erkämpfte Meilen und das Gegenanbolzen eine Belastung für Schiff und Mannschaft. Obwohl wir dem Äquator immer näher kamen, wurde es deutlich kühler. Der Pazifik war im Gegensatz zur Karibik, insbesondere seit Cartagena, angenehm erfrischend gewesen. Jetzt mußten wir zur Nachtwache sogar unsere Fleecejacken hervorholen und uns nachts wieder richtig zudecken. "Die Linie" passierten wir am 18.6. bei 086°28,809' westlicher Länge. Es war später Vormittag, nach UTC 15:48 Uhr. Neptun kam mit seinem Dreizack und taufte mit würdiger Krone und wehenden blauen Haaren die Neulinge. Später wurde er enttarnt und selber getauft. Natürlich bekamen wir auch neue Namen. Am 20.6.09 erreichten wir nach 10 Tagen auf See die
Wreck Bay bei San
Cristobal,
einer der östlichsten Inseln
im Galapagos-Archipel. Entgegen ihrem gefährlichen
Namen ist die Bucht leicht anzulaufen (das Riff ist markiert) und
bietet einen
sehr geschützten Ankerplatz. Der Hauptort Baquerizo Moreno hat 5000
Einwohner
und eine entspannte, freundliche Atmosphäre. Eine große
Meeresschildkröte kam
zur Begrüßung und fraß das Seegras von unserem Bootsrumpf. Seelöwen
aalten sich
an Bord von Fischerbooten in der Sonne oder machten ihre Spiele im
Wasser rund
um die Schiffe. Ruth und Peter von der australischen Yacht Mudskipper,
die wir
von der Funkrunde her kannten, grüßten herüber und brachten uns
frisches Obst
vorbei. Im Wasser näherten sich zwei Schwimmer und guckten so
neugierig, dass
wir sie an Bord einluden.
Es waren Ashleigh, eine Amerikanerin, die
hierher geheiratet hat und James,
ebenfalls Amerikaner, ein Freund ihres Mannes, der hier als Volontär
arbeitet
und später Arzt werden will. Auch in seinem Kopf spukt der Traum von
einer
Weltumsegelung.
Auf den Galapagos-Inseln sind 1959 alle Gebiete, die damals nicht besiedelt waren, zum Nationalpark erklärt worden. Trotzdem sind die Orte explodiert und die Einwohner haben frei gejagt und gefischt. Es gibt keine Ureinwohner auf den Inseln. Die meisten sind Festland-Equadorianer, die sich früher oder später hier niedergelassen haben. In den 90er Jahren wurden viele Restriktionen eingeführt. Seit 1998 kann man nur noch durch Heirat dauerhaft dazuziehen. Segelyachten dürfen nicht mehr frei herumfahren, sondern müssen sich an wenige Häfen halten und die Aufenthaltsdauer ist begrenzt. (Derzeit darf man ohne Cruising Permit nur noch entweder Academy Bay in Santa Cruz oder Wreck Bay in San Cristobal ansteuern und 20 Tage bleiben. Man darf aber während dieser Zeit als Person mittels Fähren oder Touren zwischen den Inseln hin und herfahren.) Nationalparkgebiete dürfen nur noch mit einem autorisierten Guide betreten werden. Die Flora und Fauna auf den Inseln ist einzigartig, d.h. sie kommt z.T. nur hier vor und nirgendwo anders auf der Welt. Jede der größeren Inseln hatte zum Beispiel seine eigene
Spezies der berühmten
Riesenschildkröten, die zum Teil aber schon ausgestorben sind. In
früheren
Zeiten waren es die Seefahrer und Piraten,
die diese Tiere als
willkommenen Fleischproviant erkannten und zu
Hundertausenden entführten und verspeisten. Da die Weibchen kleiner und
damit
handlicher waren, fielen sie ihnen besonders häufig zum Opfer. Diese
Zeiten sind
vorbei, aber die Schildkröten hätten trotzdem keine Chance mehr ohne
die
Aufzuchtstationen der Menschen. Frei lebende Ziegen machen ihnen das
Futter
streitig, verwilderte Katzen fressen die Schildkrötenbabies,
eingeschleppte
Ratten vermehren sich zuhauf und fressen die Eier. Jahr für Jahr
versuchen
Volontäre, die Insel von Brombeergestrüpp zu befreien, das sich wie
Unkraut
breit macht, einheimische Pflanzen verdrängt und den Ratten
Unterschlupf
bietet.
Wir besichtigen das Interpretation-Center (Museum) und wandern zum Fregattvogelfelsen und einem Strand, der an diesem Tag von zahlreichen Seelöwen besucht und gegen Zweibeiner verteidigt wird. Am Südstrand "Loberia" beobachten wir einige der fossil anmutenden Iguanas, die tatsächlich die nächsten Verwandten der ausgestorbenen Dinosaurier sein sollen. Viel unterhaltsamer sind jedoch die Seelöwen. Vor allem die Halbstarken jagen zusammen durchs Wasser, präsentieren die dollsten Luftsprünge, lassen sich von den Wellen wiegen oder an Land spülen und raufen mit ihren Artgenossen.
Man konnte durch die Felsschlucht schwimmen und Haifische beobachten. Ich entdeckte keinen einzigen. Am schönsten waren die von Tauchern in der Tiefe aufsteigenden Luftblasen. Lars konnte aber auf dem Grund ein paar Haie schemenhaft erkennen. Gefährlich sind diese kleinen Exemplare übrigens nicht. Selbst die gelegentlich auftauchenden riesigen Hammerkopfhaie stellen laut der Tauchlehrerin keine Gefahr dar. Wir fuhren weiter zu einem schönen Strand, wo die Kinder eine Murmelbahn bauten. Leider vertrieb uns nach einer Weile der einsetzende Nieselregen und dröhnend ging es mit 2x200 PS Anschub zurück zum Ort. Auch bei unserem Inselausflug spielte Petrus nicht mit. Das Hochland mit dem Vulkan wartete mit Regen auf. Die Schildkrötenstation lag unterhalb der Wolkendecke und die riesigen Tiere mit ihren Elefantenfüßen und ausdrucksvollen Gesichtern waren die Reise dennoch wert. Die Kinder waren jedes Mal aus dem Häuschen, wenn sie ein Exemplar in der Landschaft entdeckten. Zu Fuß ging es noch zu einem hübschen Strand, wo viele Einheimische ihr Sonntagspicknick abhielten. In so einem kleinen Ort trifft man sich immer wieder. So entdeckten wir Ashleigh am Strand und besuchten sie und ihren Mann Geovanny in ihrem Haus "Casa verde". Geovanny, der eine indigene Mutter und einen italienischen Vater hat, ist schon weit in der Welt herumgekommen. Seine Schwester wohnt in der Nähe von München und er selbst hat mal ein halbes Jahr in Deutschland gelebt und mit einem Freund ein deutsch-equadorianisches Unternehmen gegründet. Sie vertrieben Bio-Kaffee in Deutschland und exportierten Edelstahlbleche nach Equador. Seine Wahlheimat ist jedoch San Cristobal, wo er seit gut 10 Jahren lebt und Ländereien erworben sowie seine "Hacienda tranquila" gegründet hat. Er organisiert verschiedene Projekte und verknüpft Naturschutz und Volontärsarbeit mit sozialen Anliegen. Unter anderem können Kinder aus benachteiligten Familien auf der Hacienda reiten und die Natur kennen lernen, und sein Casa verde bietet die einzige Unterkunft für Rollstuhlfahrer. Sein Unternehmungsgeist und Organisationstalent beeindruckten uns ebenso wie seine Lebensansichten. Geprägt von seiner Kindheit in einem indianischem Dorf im equadorianischen Hochland, geht es ihm nicht um die Anhäufung materieller Reichtümer. Vielmehr läßt er das Geld zirkulieren und beteiligt viele mit kleinen Aufträgen. Er will sich nicht der allgemeinen Hektik unterwerfen und wirkt bei aller Geschäftigkeit nie gestreßt. Wir folgten mit Freude der Einladung auf seine Hacienda, wo wir Apfelsinen pflücken und reiten konnten. James führte uns außerdem zu einem hübschen Ausguck. Auch ihn sahen wir mehrfach wieder. Er half, einen nach einem Surfunfall vor 40 Jahren tetraplegischen Rollstuhlfahrer zum Strand und auf den Stegen durch die Schildkrötenstation zu transportieren. Nach unserem ersten Aufbruch, den er verpaßt hatte, war er ganz froh, dass wir noch einmal umgekehrt waren, um uns ein kleines Abschiedsgeschenk zu überreichen zu können. Ein anderes multikulturelles Paar sind Manolo und seine Frau Tina aus der Schweiz. Sie bieten Tauch- und Schnorcheltouren an und sind seit diesem Jahr Transocean-Stützpunktleiter. Ein ewig trinkender und vor ihrem Büro herumlungernder Trupp Jugendliche wurde kurzerhand von ihnen angesprochen. Auf die Frage, wie sie sich denn ihr Leben in 20 Jahren vorstellen würden, begannen die jungen Leute nachzudenken und ergriffen die Chance, beim Tauchladen und befreundeten anderen Unternehmen eine Arbeit zu beginnen. Inzwischen besucht Tinas Schützling nicht nur einen Englisch-Unterricht, sondern will demnächst auch noch in Mathematik seinen Schulabschluß nachholen. Alkohol ist unter der Woche tabu und Pünktlichkeit Pflicht, aber das klappt ohnehin inzwischen gut. Schön, dass soziales Engagement so unmittelbar Früchte trägt. Viele Segler fahren inzwischen an den Galapagos-Inseln vorbei, weil sie die Kosten und die Bürokratie scheuen. Wir sind froh, einen Eindruck von den Inseln erhascht zu haben und fanden es eine sehr schöne Zeit. Die Tierbeobachtungen ersetzen jeden Zoobesuch und der Ort bezauberte vielleicht am meisten durch seine Ruhe. Die zugelassene Anzahl der Autos auf der Insel ist nämlich limitiert. Am meisten würde ich auf die Dauer vielleicht eine rasche Internetverbindung vermissen. Das vergleichsweise große Angebot von Internet-Cafés war leider umgekehrt proportional zur Übertragungsgeschwindigkeit und nachmittags brachen die Leitungen oft völlig zusammen. So kostete es uns mehrere Anläufe, ehe wir unsere Homepage mit dem Karibik-Reisebericht hochladen konnten. Alle Ungeduldigen unter den Lesern bitte ich deshalb, die Schwierigkeiten zu berücksichtigen und Nachsicht zu üben. Nach einer Woche bereiteten wir uns auf die längste
Seestrecke
der ganzen Reise vor. Konserven hatten wir ja in Panama reichlich
gebunkert. Unsere Vorräte an frischem Obst und Gemüse waren jedoch fast
restlos
aufgebraucht und der Samstagsmarkt war genau der richtige Ort, sie
wieder
aufzustocken. Dummerweise stammen die meisten Produkte natürlich vom
Festland
und werden während des Transportes gekühlt. Das setzt die Haltbarkeit
an Bord
erheblich herab und wir verzichteten auf vieles,
was
wir bei der Atlantiküberquerung dabei hatten. Wir erstanden immerhin
jede
Menge Zwiebeln, Kartoffeln, eine ganze Bananenstaude, grüne Tomaten,
ein halbes
Dutzend Paprika, Gurken, rote Beete, eine Handvoll Mohrrüben, Äpfel,
Orangen,
Pampelmusen und eine große Wassermelone. Da Wurst und Käse fast
unerschwinglich
waren, kauften wir jede Menge Eier. Eine vielleicht 200g schwere
Chorizo-Wurst
kostete sage und schreibe 23$. Auf dem Etikett stand übrigens 19,99$/kg
und ich
entdeckte den Wahnsinnspreis auf dem Kassenzettel erst abends auf dem
Schiff.
Gott sei Dank konnte ich das teure Stück problemlos zurückgeben.
2900 Meilen PazifikAuf den Tag genau ein Jahr nach unserer Abfahrt in Deutschland starteten wir die vermutlich längste Seestrecke unserer Reise. 2900 Seemeilen liegen zwischen den Galapagos-Inseln und den Marquesas. Dem Hafenkapitän war unser Aufbruch nicht entgangen und er erkundigte sich, ob nun alles in Ordnung sei. Ich antwortete: "Wir hoffen es!" Der Abschied verlief im Gegensatz zum Vortag fast sang- und klanglos. Nur Linda und Bill von der "Valiam" waren an Bord und tröteten "Good bye". Wir warfen einen letzten Blick zurück zum Strand und dem dahinter liegenden Universitätsgebäude, dem Fregattvogelfelsen, dem Leon dormido in der Ferne. Das Wetter war schön und Delfine spielten um unser Schiff. In der Abenddämmerung begegnete uns noch ein Segler fast auf Kollisionskurs, der offensichtlich nach Santa Cruz wollte. Es war die "Penrhyn", die uns später in der Weite des Pazifischen Ozeans in Sichtweite überholte und die wir auf Nuku Hiva wieder sehen sollten. Von den übrigen Galapagos-Inseln erblickten wir nur schemenhafte Umrisse oder gar nichts. Ein Fang-Schiff, das einige Meilen hinter dem Archipel seiner Arbeit nachging, war das einzige Berufsschiff, das wir auf der ganzen Reise sehen sollten. Der Mensch neigt zu Vergleichen und was liegt näher, als die Unterschiede zur Atlantiküberquerung hervorzuheben. Insgesamt hatten wir auf dem Pazifik deutlich schöneres Wetter mit vor allem viel mehr Sonnenschein und Sternenhimmel. Die Temperaturen waren die ganze Zeit angenehm. Wir wurden die ersten zwei Drittel der Strecke lange nicht so viel herumgeschubst wie auf dem Atlantik, da keine Querdünung stand. Wir waren kein einziges Mal seekrank. Wir fingen immerhin zwei große Doraden (und "verfütterten" mindestens doppelt so viel Fischhaken). Wir sahen viel mehr Seevögel, auch einige Male goldschimmernde Doraden (nicht die am Angelhaken) und springende Thun?fische neben unserem Schiff. Kurz hinter Galapagos konnten wir Wale blasen sehen. Wir hatten inzwischen so viele Seemeilen weg, dass wir die lange Strecke in Angriff nahmen wie das Selbstverständlichste der Welt. Nach anfänglicher Nachlässigkeit, die durch eine besorgte e-mail von der Segelyacht "Nakia" beendet wurde, blieben wir in regelmäßigem Funkkontakt mit anderen Seglern und bildeten so eine eingeschworene Segler-Gemeinde. Das genaue Fahrtziel legten wir auch erst unterwegs fest, nachdem wir uns bei anderen Fahrtensegler, die uns voraus waren, erkundigt hatten und fuhren gut mit ihren Empfehlungen. Ähnlich wie auf dem Atlantik genossen wir die erste Zeit, während wir es am Ende dann auch gründlich satt hatten und ankommen wollten. Dass zur Hebung der Mannschaftsmoral gutes Essen am besten geeignet ist, ist eine Binsenweisheit. Dabei kam auch Otmars Holunderblütengelee und Evas Löwenzahnhonig zum Einsatz. Genau wie vor Martinique haute der Zeitplan am Ende nicht hin und wir mussten eine Nacht trödeln, um im Hellen anzukommen. Till machte wieder fleißig Schule, denn die Ferien verschoben wir lieber auf später, wenn wir die Inseln erkunden wollten. Unterwegs feierten wir seinen 7. Geburtstag mit Möhrentorte, Gesang und Topfschlagen. Er bekam unter anderem einen Arztkoffer und Marlene spielte geduldig die Kranke. Zur Feier des Tages gab es für die Kinder auch Cola und auf dem Geburtstagstisch stand außerdem das letzte Nutella, denn bei 7 $ pro kleines Glas hatten wir keine Vorräte davon angelegt. Till verwaltete es sehr gerecht und es reichte tatsächlich bis zur Ankunft. Die Kinder malten unheimlich viel . Wir Großen kamen nach langer Zeit mal wieder zum Lesen. Lars las das überhaupt erste Buch seiner Reise: "Ich bin dann mal weg" von Hape Kerkeling, das ihm sein Chef zum Abschied geschenkt hatte. Wir bastelten uns eine Marionette, die wir "Max Stolperfuß" nannten. Im Gegensatz zum Atlantik war der Wind weniger stetig, was für uns mehr Arbeit an den Segeln und der Windsteueranlage bedeutete. Lars bastelte 2 Nächte lang an der Stromversorgung unserer Kühlbox, dessen Stecker wohl etwas zu warm geworden war und sich verformt hatte. Die provisorisch eingebaute Sicherung funktionierte anfänglich auch ganz leidlich. Nuku HivaAm Nachmittag des 28.07.2009 erreichten wir die Marquesas, genauer gesagt Ua Huka, wo wir zu ankern hofften. Imposant erhoben sich die Felsen aus dem Wasser und erinnerten uns ein wenig an die Kanarischen Inseln, bloß etwas grüner. Ein Teil der Insel bildete ein Hochplateau und mutete irisch an. Die Kinder entdeckten mit heller Begeisterung viele Pferde und wir Großen mit weniger Freude dicke 4x4-Autos und moderne, würfelige Häuser. Nix Südseeklischee mit Palmenhütten etc. Am Eingang zur Bucht stand wie ein Wächter ein großer kegelförmiger Felsen, den die Sonne anstrahlte. Der Rest der Bucht war finster, denn Wolken hatten sich auf den Berggipfeln festgesetzt. Wir drehten eine Runde und beschlossen, bei dem in die Bucht stehenden Schwell lieber doch nicht zu ankern, sondern noch eine Nacht auf See zu verbringen, um am nächsten Morgen die Taiohae-Buch von Nuku Hiva anzulaufen, die nur 24 sm entfernt war. Ein bisschen bitter war es schon, denn die tropischen Nächte dauern bekanntlich 12 Stunden. Zum Trost besuchten uns Delfine so lange wie noch nie und machten die tollsten Luftsprünge vor untergehender Sonne. Die Nacht bescherte uns einen prächtigen Sternenhimmel und jede Menge Sternschnuppen. Von den Inseln war nicht das kleinste Licht zu sehen. So müssen es die Seefahrer vor einigen Jahrhunderten auch gehabt haben, nur dass sie im Unterschied zu uns nicht wussten, wo sich Land befand. Erst als wir um die letzte Felsnase bogen, erblickten wir am nächsten Morgen endlich den Hauptort von Nuku Hiva. Die Bucht war wirklich einfach anzulaufen, aber das weiß man ja immer erst hinterher. Wir suchten uns ein Ankerfleckchen und bekamen bald Besuch von der schweizer Yacht "Green Coral", die uns frisches Baguette schenkte. Wir gingen baden, räumten über und unter Deck auf und genossen es, nach 27 Tagen auf See endlich mal wieder in den Armen des anderen einzuschlafen. Könnt ihr euch vorstellen, wie lecker Briekäse und französische Leberpastete schmecken, nachdem man monatelang nichts Besseres als Cheddar und Senf aufs Brot hatte? Billig ist Französisch Polynesien sicher nicht, vielleicht so wie Bioläden in Deutschland, aber angesichts der Entfernungen, die die Waren zurücklegen müssen, eigentlich angemessen. Unverständlich sind nur die Preise für einheimisches Obst und Gemüse, das in diesem Klima doch fast umsonst wachsen müsste. Wir bummelten jedenfalls das Ufer entlang bis zu einem kleinen Park voller Tikis und picknickten auf einem großen Felsen. Die Tikis, traditionelle Figuren aus Stein oder Holz, stellen Menschen mit überproportionalen Köpfen dar . Sie tauchen auch in den Tattoos auf. Früher ließen sich die Menschen tätowieren, um ihren Stand, ihre persönliche Lebensgeschichte und ihre Stammeszugehörigkeit zu demonstrieren. Es war sehr teuer und sehr schmerzhaft. Je mehr Tattoos, desto mehr Ansehen. Die Missionare bekämpften energisch sämtliche heidnischen Bräuche, so dass die Bevölkerung inzwischen vollständig christianisiert ist und traditionelle Tänze etc. nur noch als folkloristische Show dargeboten werden. Die Tattoos erlebten nach über 100 Jahren der Verbannung ab den 60er Jahren ein Comeback. Sie dienen nur noch als Schmuck, aber die Muster sind so schön und geschmackvoll, dass selbst hartgesottene Tattoo-Gegner wie ich sich ihrem Zauber nicht ganz entziehen können. Viele Touristen nehmen sich eins als Erinnerung mit. Die Polynesische Gastfreundschaft ist legendär und es gibt dazu sogar ein Faltblatt in der Touristeninformation. Auf uns wirkten die Polynesier eher schüchtern und zurückhaltend. Später hörten wir, dass traditionell beim Essen immer ein Gedeck mehr aufgelegt wird für einen etwaigen Fremden, der vorbeikommt. Dieser Brauch verliert sich natürlich dort, wo regelmäßig Touristen weilen, und die junge Generation folgt der weltweiten Tendenz, eher an den eigenen Konsum als an traditionelle Werte zu denken. Die Zeiten, wo junge Frauen - mit Blumenkränzen geschmückt - den Einhandsegler im Bett erfreuen, dürften auch der Vergangenheit angehören. Als wir am Hafen einem Fischer beim Trocknen des Fisches zuschauen, kommen wir ins Gespräch und er fährt nach Hause, um uns einen Riesensack voller Pampelmusen zu schenken. Diese Früchte sind einfach umwerfend, so etwas habe ich weder bei uns im Supermarkt gefunden, noch auf meinen bisherigen Reisen gesehen und gekostet. Sie sind nicht nur größer, sondern vor allem viel süßer und saftiger als ich es bisher kannte. Könnte glatt ein Exportschlager werden, wenn die Polynesier mehr Geschäftssinn besäßen. Es sind mehr, als wir zu viert essen können, und so beschenken wir nach und nach alle nach uns eintreffenden Segler mit diesen Vitaminspritzern. Am gleichen Tag wie wir sind auch Bill und Linda von der "Valiam" eingelaufen. Sie haben nur 17 Tage gebraucht. Einen Tag später kommen Jane und John mit ihrer "Tara III" an. Sie hatten Probleme mit dem Autopiloten, mussten zum Schluß mehr oder weniger von Hand steuern und sind entsprechend erschöpft. Linda bewirtet uns mit einem Schlückchen Sekt und lädt zum Fischcurry ein, denn sie haben zum Schluß noch eine große Dorade gefangen. Wir mieten gemeinsam einen Pick-up und unternehmen am Wochenende eine große Inselrundtour. Die Taiohae-Bucht war schon beeindruckend, aber die Landschaften und Ausblicke auf der Nordseite sind einfach gigantisch. Spitze Felsnasen strecken sich auf einem Höhenkamm in den blauen Himmel, tief eingeschnitten liegen die Buchten zwischen den faltigen, grünen Gebirgsausläufern. Wildpferde laufen über die Straße und dicke Aale winden sich in Gebirgsbächen. Rückzu kommen wir durch eine Landschaft, die fast aussieht wie der Schwarzwald. Da Nuku Hiva nicht viel mehr als 2000 Einwohner hat, ist der Verkehr recht dünn. Die Ausschilderung lässt zu wünschen übrig und wegen der vielen Kurven fällt die Orientierung schwer. Kurz vorm Dunkelwerden müssen wir nach dem Weg fragen und befinden uns nur eine Biege vom Ausgangsort entfernt. Wir sind voller Eindrücke und die Erwachsenen, die hinten auf dem Pick-up saßen, voller Staub. Am Sonntag stehen wir früh auf, denn um 8 Uhr beginnt bereits der Morgen-gottesdienst. Die Sprache der Marquesas enthält viele Vokale und ist ausgesprochen melodiös. Entsprechend wunderschön sind auch die polyphonen Gesänge der Gemeinde, die das Kirchenschiff füllt. Alle haben sich sonntagsfein gemacht. Viele Frauen tragen weiße Kleider und haben Kränze oder Hüte auf dem Kopf. Andere tragen Kleider bzw. die Männer Hemden aus Stoff mit traditionellen Südsee-Mustern. Anders als bei uns in der katholischen Kirche gestalten auch Frauen den Gottesdienst und der Wein wird an die ganze Gemeinde verteilt. Hinterher kann man draußen selbstgebackenen Kuchen und Getränke kaufen. Die Kirche ist sehr geschmackvoll eingerichtet mit schönen, modernen Holzschnitzereien. Der dreieckige Giebel des Seitenschiffes ist offen und lässt einen Ausblick auf Palmen frei. Eine halbe Woche vergeht mit Wäschewaschen, Einkaufen,
Informationen sammeln
über Neuseeland bei "Tara III", umankern etc. Till hat einen
amerikanischen
Spielkumpel gefunden, die Väter trinken ein Bierchen zusammen.
ToauAm Nachmittag des 9. August gingen wir Ankerauf Richtung Toau in den Tuamotus. Draußen empfing uns eine frische Brise. Wir kamen die ersten zwei Tage gut voran, die Kinder machten in Schule und Vorschule prima mit, nachts leuchteten über uns die Sterne und neben uns grüne Leuchtblitze im Wasser. Lars öffnete eine der zwei gemopsten Kokosnüsse von der Daniels Bay. Was für ein Genuß! Die letzten beiden Tage mußten wir leider motoren. Der Wind war zu schwach und schlechtes Wetter angesagt. Da wollten wir lieber vorher ankommen. Ab Freitag Mittag zog sich der Himmel zu. In unserer Zielbucht lagen bereits 8 andere Schiffe, unter anderem auch 2 deutsche. Wir bekamen die letzte freie Mooring und Wolfgang von der "Atair" stattete uns einen kleinen Besuch ab. Kurz danach fing es an zu winden und zu wehen und wollte gar nicht mehr aufhören. Wir waren froh, es rechtzeitig geschafft zu haben, aber so hatten wir uns die Ankunft nicht vorgestellt. Drei Tage mussten wir an Bord verbringen, ehe wir an Land gehen konnten. Unterwegs macht es uns nichts aus, das Boot nicht verlassen zu können, aber in Landnähe ist es fast unerträglich. Gemein, wo wir doch eh schon so wenig Zeit haben! Immerhin hörte nach einem Tag der Regen auf und wir konnten wenigstens die Landschaft und die Blautöne genießen. Montagnachmittag hatte der Wind so weit nachgelassen, dass wir einen Landfall wagen konnten. Auch die anderen Besatzungen waren an Land gekommen, um sich die Beine zu vertreten und Boule zu spielen. Gaston hatte uns ja schon bei der Ankunft begrüßt. Jetzt lernten wir seine Frau Valentine kennen, die gerade dabei war, eine Perlenkette für ihre Schwester zu fädeln, die am Wochenende heiratet. Wegen der vielen anderen Segler und der bevorstehenden Feier, für die noch allerhand vorzubereiten ist, bleibt die Beziehung zu den beiden leider eher oberflächlich und es ist nicht so familiär, wie andere Segler es erlebt haben. Auch aus dem Besuch ihrer Perlenfarm wird nichts. Valentine vertröstet uns auf "morgen", eine nette Beschreibung für "irgendwann in der Zukunft". Nach den vielen Wochen, die wir in Begleitung unserer englischsprachigen Seglerfreunde verbracht haben, genieße ich es, französisch zu sprechen und neue Menschen kennen zu lernen. Dazu gehören die Franzosen Anne und Christian, die im Winter in den Alpen als Skilehrer arbeiten. Anne verrät mir, wie ich selber aus Milchpulver Joghurt machen kann. Das Ergebnis ist köstlich und endlich wird das Zeug, das wir seit Gomera mit uns rumschleppen, mal verbraucht. Die Moorings kann man entweder bezahlen, oder sich für das Geld bei Valentine ein Dinner leisten. Keine Frage, was wir bevorzugen. Gaston hat uns versprochen vorbei zu kommen, wenn er zur Fischfalle fährt und wir sitzen mit unseren Schnorchelsachen da und warten. Vielleicht hat er uns vergessen ("Wer sich auf andere verlässt, wird enttäuscht werden" hatte in Contadora mal in einer Bar gestanden). Schließlich rudern wir hinüber und werden auf halbem Wege von einem dicken Regenschauer erwischt. Anke und Günter von der "Tramp" gewähren uns Unterschlupf und zeigen uns die schönsten Muscheln, die sie gefunden haben. Da werde ich gleich ganz heiß auf "Schatzsuche"! Nach dem Regen machen wir an der Fischfalle fest und gucken von draußen mit unseren Schnorchelbrillen durch den Zaun. Es sieht aus wie im Aquarium. Fische aller Größe und Farbe schwimmen herum, darunter viele Papageienfische. Es haben sich aber auch zwei Haie und drei Muränen verfangen. Nachmittags gehen wir an Land. Ich möchte Valentine beim Kochen gern über die Schulter schauen, aber alles geht mit polynesischer Gelassenheit vor sich. Lange Zeit passiert gar nichts, aber kaum hat man sich mit jemandem festgeschwatzt, ist der Kuchenteig oder Salat doch fertig. Naja, alle helfen irgendwie mit, sammeln Blumen und Blätter für die Tischdekoration und und und. Gaston war inzwischen noch einmal bei der Fischfalle und hat 11 Papageienfische fürs Diner herausgeholt. Ciguatera gibt es hier angeblich nicht. Der Fisch wurde roh in Kokosmilch als Salat serviert ("Poisson cru"), gebacken und als Pizza angeboten. Eine Keule vom Hochzeitsschwein wurde geköchelt und aufgeschnitten. Valentine hat Kokosbrot und Kokoskuchen gebacken. Außerdem gab es noch Reis und als Getränk einen Fruchtsaftpunsch. Sehr exotisch und lecker. Am nächsten Tag unternahmen wir die erste Riffwanderung. Die zwei großen Hunde begleiteten uns und weckten Lars mit einem Schmatz, als er am Strand eindöste, während sich die restliche Familie in Sammlerfreude erging. Ein paar Segler hatten Gaston geholfen, einen Baum zu fällen. Am nächsten Tag wollten Gaston und Valentine zum Nachbaratoll Fakarava fahren, wo die Hochzeit stattfinden sollte. 160 Gäste waren eingeladen. Gaston sollte für die Fische sorgen und leerte die gesamte Fischfalle. Die Muränen und Haie warf er hinaus. Die anderen fischte er mit einem Drahtkorb heraus, schaufelte sie aus dem Boot an Land und sortierte sie nach Arten, um sie in eisgefüllte Fässer zu packen. Ein paar blieben übrig für die Segler, die außerdem noch tiefgefrorenes Hähnchenfleisch geschenkt bekamen, denn der Generator sollte nicht wegen einer fast leeren Kühltruhe die ganze Zeit laufen. Das Abendbrot war damit also wiederum gesichert und einige brachten noch Salate mit. Morgens war ich als Ärztin zum Großvater gerufen worden, der mit auf der Insel lebte und sich sein Auskommen mit Copra verdient. Valentine bat mich auch, bis zu ihrer Rückkehr zu bleiben und auf ihn aufzupassen. Philippe hatte jedoch seinen eigenen Kopf. Die Tabletten, die ich ihm gegeben hatte, waren am nächsten Tag noch unberührt und der elastische Verband um sein Bein schon nach wenigen Stunden verschwunden. Es ging ihm trotzdem anderntags besser und er zeigte mir stolz seinen Garten. Mir war bis Toau gar nicht bewusst gewesen, wie karg Atolle sind. Der Boden der gesamten Insel bestand nur aus Korallenschotter. Es gab nicht einmal Sand in nennenswerter Menge. Neben ursprünglicher Buschvegetation hielten sich fast nur Kokospalmen, deren aggressive Wurzeln jedoch die meisten Anpflanzungen zunichte machen. Philippe pflanzte daher alles in Fässern, durch die die Wurzeln nicht durchdringen können. Eine ziemlich mühselige Angelegenheit. Mit Valentine und Gaston war auch die Mehrzahl der Segler abgereist. Nur Anne und Christian sorgten für das Anwesen und die Hunde, ich kümmerte mich ein bisschen um Philippe und eine französische Familie mit Kleinkindern war noch da. Wir erkundeten die Nachbarinsel, die auch mal bewohnt gewesen zu sein schien. Hier ließen sich herrlich Flitterwochen verbringen, wenn man die Hütte wieder in Schuß bringen würde. Wir fanden immer schönere Muscheln. Das Wetter war jetzt so, wie man sich das für die Südsee vorstellt. Nur die Wellblechhütten und etwas herumliegender Müll störten das Ambiente. Wellblech ist natürlich praktisch für die Regenwassergewinnung, aber schön wäre es, wenn die Hütten wenigstens hübsch angeordnet und in der Mitte ein Platz gestaltet wäre. Sicher könnte Valentine auch noch den einen oder anderen Franc dazu verdienen, wenn sie mit gewisser Regelmäßigkeit und Zuverlässigkeit z.B. Besuche der Perlfarm oder Schmuckworkshops anbieten würde. Andererseits büßte sie dann ihre Freiheit ein, die Tage je nach Wetter und Laune zu gestalten. Manche Segler sparen nicht an Verbesserungsvorschlägen. Wir behielten unsere Ideen lieber für uns. Sicher ist, dass es schon eines gewissen Fleißes bedarf, vom Atoll allein zu leben. Gaston war ein wahres Energiebündel. Wir dachten langsam ans Weiterfahren. Philippe ging es wieder gut und er verweigerte ja sowieso jede Therapie. Als wir uns ins Gästebuch eintrugen, konnten wir im flachen Wasser einen Kraken beobachten, dessen Farbe sich wie bei Chamäleon immer dem Untergrund anpasste. Faszinierend! Valentine und Gaston kamen erst einen Tag später zurück als geplant. Da wir unser Dinghi schon abgebaut hatten, konnten wir uns nicht mehr verabschieden, als sie eintrafen. (Vielen Dank an Anne und Christian für die Toau-Fotos) HuahineUnser nächstes Ziel unter den Gesellschaftsinseln war auf Empfehlung von Anne und Christian Huahine. Bis dahin waren es nur 300 Seemeilen, aber da wir wenig Wind hatten, zog es sich 4 Tage hin. Wir waren nachmittags ausgelaufen und am nächsten Morgen hatten wir das 20 Meilen entfernte Nachbaratoll immer noch in Sichtweite, und letztere ist bei den flachen Atollen nicht besonders groß. Die Tage vergingen mit Sonne und etwas Regen, umlaufenden, schwachen Winden und geringen Etmalen. Vor Huahine holte uns schlechtes Wetter ein und Lars mußte nach langer Zeit wieder seine Segelkombi herauskramen. Die Insel sah schön aus und die Strände im Norden luden zu Strandwanderungen ein. Wir rundeten ohne Probleme die Nordspitze und fuhren mühelos durch die Riffeinfahrt. Die Peilmarken machten die Sache bombensicher. Das Ankerfeld war nicht besonders groß, aber wir fanden ein gutes Plätzchen. Der Strand sah verlockend aus, aber wir räumten erstmal auf, aßen Kartoffelbrei und verschoben den Landgang auf morgen . Irgendwie war es verhext. Am nächsten Morgen regnete es. Wir brauchten unsere Internetminuten auf und skypelten nach vielen Wochen mal wieder mit den Großeltern. Nachmittags wurde es trockener und wir erkundeten den kleinen Ort Fare. Am Montag regnete es immer noch. Wir können aber den Einkauf nicht länger herausschieben. Als wir zurück zum Boot kamen, pfiff es schon ordentlich. In Erinnerung an Panama stauten wir alles sofort weg. Bis zu 50 Knoten messen wir in den Böen. Das ist ungemütlich. Unser Nachbar slipt und ein Kat driftet fast aufs Riff. Ein Boot nach dem anderen verließ den Ankerplatz. Die Franzosen vor uns scheinen Probleme zu haben. Sie kriegen wohl den Anker nicht hoch und schneiden ihn schließlich ab. Dabei kommt auch ihr Dinghi lose und treibt in Sekundenschnelle bei uns vorbei. Lars springt geistesgegenwärtig herzu und kann es gerade noch fassen. Es wäre sonst ins offene Meer hinausgetrieben. So ein Dinghi haben wir uns immer gewünscht, aber natürlich geben wir es zurück. Den Franzosen bleibt nichts weiter übrig, als die Nacht auf dem Meer zu verbringen. Sie tun uns leid, denn das ist nicht gemütlich bei diesem Wetter. Lars legt sich voll angezogen im Salon nieder, um jederzeit aufspringen zu können, falls der Ankeralarm piept. Trotz der knapp bemessenen Kette hält er und ruckt keinen Zentimeter. Ein Hoch auf Spade-Anker! Am nächsten Morgen sind nur noch wir und ein Amerikaner da. 6 Boote mussten den Ankerplatz verlassen. Glück mit dem Anker, Pech mit dem Computer! Als ich die Bilder von Toau durchschaue, gibt er seinen Geist auf. Wir versuchen im Ort jemanden zu finden, der ihn reparieren könnte, aber alle verweisen uns nach Tahiti. Das liegt 150 Meilen gegen den Wind. Das Wetter ist immer noch mies und die Frau im Computerladen unfreundlich. Es ist zum Heulen. Dabei hatten wir uns so auf Huahine gefreut. Unser Ersatzcomputer muß erst eingerichtet werden. Wenigstens die elektronischen Seekarten sollten funktionieren. Zum Funken fehlt das passende Kabel. Das bedeutet: keine Wetterinformationen auf See, keine Positionsmeldung, keine Kontaktmöglichkeit über große Entfernungen. Outlook lässt uns zwar mails empfangen, aber keine senden. Das heißt, wir müssen zum Senden immer über den Provider gehen, was viel länger dauert und entsprechend Geld kostet. Von unseren 10 für Huahine geplanten "Urlaubstagen" sind schon 5 um, bevor wir das erste Mal die Insel erkunden können. Wir trampen nach Norden zu einer Kultstätte und in ein Dorf mit heiligen Aalen . Wir besuchen eine Perlfarm und ich suche mir meine persönliche Lieblingsperle aus. Wir schneien bei einem Künstleratelier herein, wandern am Strand und besichtigen steinerne Fischfallen, die immer noch von den Einheimischen benutzt werden. Viele nette Leute haben uns weitergeholfen und wir sind wieder mit der Welt versöhnt. Über unseren Funkfreund Norbert in Berlin haben wir die Adresse eines Amateurfunkers auf Huahine erhalten, der im Süden der Insel wohnt. Dort wollten wir sowieso gern hin und fahren am nächsten Tag die gut betonnte Rinne innerhalb des Riffgürtels entlang. Als wir Patrick anderntags kennenlernen, berichtet er uns strahlend, dass sein Freund in Tahiti das benötigte Kabel bereits gekauft und per Flugzeug auf den Weg gebracht habe. Er würde es am nächsten Tag vom Flughafen abholen. Wir sind sprachlos . Auf schlechte Zeiten folgen gute Zeiten. Patrick lötet uns nachmittags noch unser Kühlschrankkabel, dass wir unterwegs notdürftig repariert hatten und das schon wieder begonnen hatte zu macken. Er und seine Frau Mireille sind einfach unglaublich hilfsbereit und herzlich. Kein Tag verging, ohne dass wir etwas geschenkt oder geholfen bekamen. Die Kinder hatten sich derweil in ihren kleinen Hund Zaza verliebt. Lars Geburtstag war wieder verregnet, aber wir wurden von Mireille und Patrick komplett verwöhnt und umsorgt. Das passende Geburtstagsgeschenk hatte Lars ja schon erhalten. Mireille war auf den Marquesas aufgewachsen und hatte ihren Mann in Tahiti kennengelernt, wo sie das Lyzeum besuchte und er als Marine-Funker stationiert war. Ihre Kinder kamen in Frankreich zur Welt, wo sie 27 Jahre lang lebten, bevor sie wegen der Pflege ihrer Mutter in den Pazifik zurückkehrten. Da sie beide Welten kannte, konnte sie mir viel Interessantes über die Kultur erzählen. Unter anderem berichtete sie aus ihrer Kindheit. Die Marquesas waren sozusagen am Ende der Welt. Alle 3 Monate kam mal ein Versorgungsschiff, das außer einigen Rationen Reis und Benzin nicht mehr viel zu verkaufen hatte, nachdem bereits alle Tuamotus abgeklappert waren. Die Leute waren also auf sich gestellt und lebten von dem, was sie selbst anbauten. Mit Wasser und Energieträgern musste sparsam umgegangen werden. Westliche Produkte, aber auch höhere Bildung und Gesundheitsversorgung gab es nur in Tahiti. Heutzutage sieht das Leben anders aus. Die Menschen haben sich zu sehr an Subventionen gewöhnt und kaufen lieber ein Hähnchen tiefgefroren im Supermarkt, als es zu schlachten, rupfen und auszunehmen. Die Polynesier haben eine genetische Veranlagung zur Fettsucht. Was einst das Überleben sicherte, führt bei der heutigen Ernährung zu Krankheiten und frühem Tod. Durch die Disposition und die ignorante Haltung gegenüber ihrer körperlichen Gesundheit, soll die mittlere Lebenserwartung nicht einmal 60 Jahre betragen. Am Sonntag wollten wir wieder einen Gottesdienst besuchen und landeten unfreiwillig bei den 7-Tages-Adventisten. Wir wurden aber sehr herzlich dort aufgenommen und ein Mädchen sah aus wie die polynesische Doppelgängerin meiner Nichte Nora. Mittags leisteten wir es uns, an einem traditionellen Erdofen-Essen teilzunehmen. Noch fast in der Nacht wird in einer Grube ein Holzfeuer gemacht, später 4 Stunden lang das Essen in der Asche gegart. Manches wird einfach in Bananenblätter gewickelt oder so hineingelegt, anderes in Töpfen gegart. Vieles schmeckt ein wenig rauchig. Am leckersten fand ich ein spinatähnliches Gericht mit Hühnchen und köstlich bereitetes Schweinefleisch. Hier im Süden Huahines waren die Strände sehr schön und geschützt. Wir schnorchelten an der Riffkante und genossen die herrlichen Farben, wenn die Sonne schien. Die Kinder bauten Sandburgen und Marlene fand immer wieder schöne Muscheln. Das Wetter blieb unbeständig. Das war eigentlich ungewöhnlich zu dieser Zeit des Jahres, wo Trockenzeit herrschen sollte. An einem ruhigen Tag reinigte Lars das Unterwasserschiff. Das Wasser war so klar, dass man die Kette in 12 m Tiefe sehen kann. Der Abschied von Patrick und Mireille fällt uns schwer. Sie haben uns so viel Gutes erwiesen. Wir haben aber schon eine Idee, wie wir uns ein kleines bisschen revanchieren können. Als wir abfahren, zieht sich der Himmel schon wieder zu. Wir wollen von Fare aus noch eine kleine Wanderung im Norden der Insel machen, aber das fällt ins Wasser. Als wir zum Ausgangspunkt getrampt sind, regnet es Bindfäden. Wir beschließen, einmal rund um die Insel zu trampen. Carlita, ehemalige Unterstufenlehrerin, wollte eigentlich nur ins nächste Dorf zu ihren Eltern um Mittagessen zu kochen. Als sie hört, was wir vorhaben, fährt sie einfach weiter und weiter. Die Aussichten sind verregnet, aber man kann erahnen, dass die Insel sehr schön ist. Nach 2 Stunden haben wir die ganze Insel umrundet und werden am Dinghi-Steg in Fare abgesetzt. Wir sind wieder einmal überwältigt bei so viel Gastfreundschaft. Bei der berühmteren Nachbarinsel Bora-Bora sollte man darauf nicht hoffen. Da macht einem der Busfahrer eher die Tür vor der Nase zu und lacht sich darüber kaputt, wie andere Segler berichteten. Das ist vielleicht extrem, aber ich weiß nicht, wie ich reagieren würde, wenn in meinem Heimatort dauerhaft 4 mal so viel Touristen wären wie Einheimische.SuwarrowWir verlassen Huahine, wo wir so ein Wechselbad der Gefühle erlebten und nehmen Kurs auf Suwarrow, das ein unbewohntes Atoll und Nationalpark ist und zu den Cook-Inseln gehört. Bora-Bora und Maupiti sehen wir eindrucksvoll in der Entfernung. Das Wetter ist immer noch trübe. Die südpazifische Konvergenzzone streift uns und bringt ruppige Bedingungen. Einen ganzen Tag haben wir Dauerregen. Danach klart es auf und es wird ein schöner Trip. Gutes Essen hebt immer die Stimmung und so gibt der Smutje sich Mühe, backt frisches Brot, Pizza, kocht leckere Saucen für die Spaghetti… Wir haben keine Gastlandflagge zu kaufen bekommen und malen uns kurzerhand selbst eine. Omi Elfi hat uns für diesen Zweck weiße Flaggen genäht und in Cartagena haben wir uns Textilfarben gekauft. Wie genau geht der Union-Jack und warum müssen es so verdammt viele Sterne sein! Die Kinder helfen mit und wir sind am Ende mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Nur regnen darf es nicht, denn wir haben kein Bügeleisen, um die Farben wasserfest zu machen. Nach 7 Tagen kommt Suwarrow in Sicht. Ein verrostetes Schiffswrack erinnert an die Gefährlichkeit von Riffen, vor allem vor der GPS-Ära. Hier sind schon etliche Schiffe gestrandet, denn dieses Atoll liegt fern ab von allen anderen plötzlich mitten im Ozean. Entdeckt wurde es von Russen, und sie benannten es nach ihrem Schiff, das wiederum den Namen eines berühmten russischen Heerführers seiner Zeit trug. Seit es auf den Seekarten verzeichnet war, wurde es immer wieder Objekt der Ausbeutung. Perlentaucher wurden dorthin verschifft, um die Perlenaustern abzubauen. Als alle ursprünglichen Austern ausgerottet waren, versuchte man, fremde Austern einzuführen, was ein großer Flopp wurde. Gestrandete Schiffe mit wertvoller Ladung zogen Abenteurer an, die sich z.T. gegenseitig umbrachten. Kokospalmen wurden angebaut, um Kopra zu produzieren, bis sie von Wirbelstürmen zerstört wurden. Im ersten und zweiten Weltkrieg diente es als Militärbasis. Danach wurde es verlassen und bot Zuflucht für den amerikanischen Eigenbrötler Tom Neale, der sich seinen Traum vom Leben auf einer einsamen Insel verwirklichte. Immer in Geldsorgen ließ er sich darauf ein, ein Buch zu schreiben, das in Neuseeland verlegt wurde. Damit setzte ein Strom von besuchenden Segelyachten ein, der bis zur heutigen Zeit anhält. Inzwischen ist es zum Nationalpark erklärt und in der wirbelsturmfreien Jahreshälfte sorgt ein Ranger für Ordnung. Da es von keiner Schiffahrtslinie angelaufen wird, kann man nur individuell dorthin gelangen, was im Wesentlichen ein Privileg der internationalen Seglergemeinschaft ist. Die Zukunftsaussichten sind ungewiß: zu groß könnte die Verlockung für die Regierung der Cook-Inseln sein, schnelles Geld mit dem Verkauf von Fischfanglizenzen an die Chinesen zu verdienen. Oder wer weiß, wann jemand versucht, dort ein Luxusresort zu errichten und sich das teuer bezahlen lässt? Wir haben Glück und finden noch ein kleines Stückchen Paradies auf unserem Planet. Wie immer vor unbekannten Riffeinfahrten sind Lars und ich nervös. Wir haben uns Wegepunkte gemacht, aber stimmt die Karte auch wirklich? Die Sicht ist super und man kann die Korallenbänke gut erkennen, um die man im Zickzack drumrum fahren muß. Die Strömung ist nicht zu stark, aber irgendwie haut unsere geplante Strecke nicht hin. Die Bootspitze zeigt geradezu auf ein Riff, wenn wir den nächsten Wegepunkt anlaufen würden. Am Kartentisch muß ich feststellen, dass genau jetzt der Computer abgestürzt ist, wo wir mitten in der Einfahrt stecken. Lars fährt Kreise durchs dunkelblaue Wasser, während ich fieberhaft versuche, das Ding wieder zum Laufen zu kriegen. Es klappt, und ein Blick auf die Seekarte lässt uns die Orientierung zurück gewinnen. Der Wegepunkt stimmt, nur durch die Strömung zeigt die Bootsspitze mitnichten dorthin, wo wir hinfahren. Wir kommen also ohne Schwierigkeiten hindurch und finden nach einiger Suche auch einen Ankerplatz, der nicht allzu tief ist. Über Funk hatte sich nicht der Ranger, sondern einer der Ankerlieger gemeldet. Gary, ein Australier, der sich in den USA günstig eine Yacht gekauft hat um sie nach Hause zu überführen, ist später einer von denen, die beim Tsunami in Amerikanisch Samoa Schäden am Schiff erlitten. Wir entdecken auch zwei Yachten, die wir schon kennen: "Valiam" und "Seren". Unsere Freunde sind nicht an Bord, sondern offensichtlich zu einem Ausflug unterwegs. Wir gehen auf der Hauptinsel an Land und haben sie ganz für uns allein. An der Pier flattert die Nationalflagge, eine Informationstafel erklärt die Verhaltensregeln für den Nationalpark, am Strand steht einladend ein palmwedelgedeckter Pavillon, zwischen den Palmen sind Hängematten aus alten Fischernetzen angebracht, weiter oben befindet sich ein offenes Haus mit vielen Fahnen, auf denen sich Segler verewigt haben, in einer Baracke liegen Bücher zum Tauschen, irgendein Künstler hat eine Büste von Tom Neale gefertigt. Auf der Rückseite der Insel warnt ein Schild vor Haien. Wir sehen viele Schwarzspitzen- und einige Weißspitzenhaie im flachen Wasser auf und ab schwimmen. Hier werden, wie wir später erfahren, die Fischreste verfüttert. Als wir eine Wolkenfront kommen sehen, rudern wir schnell zurück zur Spica, da wir die Luken offen gelassen hatten. Regen und Sonne zaubern einen schönen Regenbogen, der sich über die ganze Insel spannt. Seit 5 Jahren ist es kein Einzel-Ranger, sondern eine ganze Familie, die hier ein halbes Jahr wohnt. Für John, den Polizisten aus Rarotonga, ist es ein Glücksfall, den Zuschlag für diesen Job bekommen zu haben. Mit seiner Frau Veronica und seinen 4 Söhnen Jeremias, Jonathan, den Zwillingen Augustino und Giovani lebt er vom Fischfang, Brotfrüchten, Kokosnüssen, eigenen Vorräten und den Spenden der Segler. Der 14-jährige Jeremias ist bei einer australischen Fernschule angemeldet, die jüngeren Kinder werden von der Mutter unterrichtet. Sie sind ihren Klassenkameraden in Rarotonga in der Regel voraus, wenn sie während der Hurrikanzeit dorthin zurückkehren. Für John ist es wichtig, die Jungs mit der Natur vertraut zu machen. Außerdem sorgen die Segler aus aller Herren Länder für Abwechslung und internationales Flair.Nicht alle kommen in guter Absicht. Es gab auch schon Leute, die die für die nächste Saison zurückgelassenen Gegenstände als Einladung zum Diebstahl auffassten. Einen Winter lang nutzten irgendwelche Gestalten die Abgelegenheit des Atolls, um Marihuana anzubauen und waren ziemlich sauer, als der zu Beginn der neuen Saison eingetroffene Ranger ihre gesamte Ernte verbrannte. John hat auch schon Kokain-Päckchen auf den unbewohnten Inseln des Atolls gefunden und konnte seine Kinder gerade noch daran hindern, sie zu öffnen und das vermeintliche Milchpulver zu kosten. Von einer Seglerin musste John sich rassistische Beleidigungen gefallen lassen. Aber die allermeisten Begegnungen sind positiv und die meisten Segler versuchen zu helfen, so gut sie können. Als wir uns Sonntag anmelden wollten, bereitete sich die Familie gerade auf den Gottesdienst vor. Wir wollten dabei nicht stören und gingen an den kleinen Strand, wo die Kinder buddeln können. Abends treffen sich die Segler am Lagerfeuer und jeder steuert etwas zu essen bei. Eigentlich wollten wir hier nur 2 Tage bleiben, aber als wir erfahren, dass eine australische Familie mit einem Jungen und einem Mädchen in Tills und Marlenes Alter bald eintreffen werden, ändern wir spontan unsere Pläne. Wir beschließen, länger hier zu bleiben und dafür Tonga auszulassen. Je länger wir bleiben, desto mehr bezaubert uns Suwarrow. Wir erkunden die Insel mal in die eine, mal in die andere Richtung. Till hat in den achtjährigen Zwillingen Toni und Vani Freunde gefunden und geht am liebsten mit ihnen fischen oder rumtoben. Marlene schließt sich den Frauen an, die auf Lindas Initiative einen Palmflecht- und Bauchtanz-Workshop abhalten. John versorgt alle Anwesenden mit Fisch, so die Segler nichts selber gefangen haben. Allabendlich treffen sich alle am Pavillon am Strand zum gemeinsamen Büffet. Wir sind knapp an Lebensmitteln, weil wir ursprünglich geplant hatten, uns in Tonga neu zu verproviantieren und nun die Vorräte bis Vanuatu einteilen müssen. Den anderen geht's nicht viel anders, denn viele bleiben hier länger hängen. So wird fleißig getauscht. Der eine hat etwas Milch über, der nächste Olivenöl, wir brauchen hauptsächlich Mehl zum Brotbacken. Es ist erstaunlich, was man aus den vorhandenen Dingen und wenigen Frischvorräten alles zaubern kann. Nach einer Woche nimmt John alle mit auf einen Ausflug zu den "Seven Sisters"-Inseln. Viele davon sind fast kahl und voller brütender Vögel. Es ist ein unbeschreibliches Gewusel in der Luft und an Land. John berichtet, dass seine Landsleute, wenn sie ihn absetzen oder abholen, am liebsten auf Jagd gehen würden, was er aber bislang verhindern konnte. Zwischen den Besuchen auf den einzelnen Inseln lässt er mindestens eine Woche Zeit, um die Tiere nicht zu sehr aufzustören. Als Picknick-Insel wird eine mit Kokospalmen ausgewählt, die uns Schatten bietet. Alle wandern einmal ringsherum. Marlene und ich sammeln Müll ein, den das Meer anschwemmt. John bleibt nichts anderes übrig, als den Müll zu verbrennen. Weniger verständlich finde ich es, warum auch die Segler ihn hier verbrennen, die ihn genauso gut bis zum nächsten Hafen mitnehmen könnten, statt sich seiner in einem Nationalpark zu entledigen. Bei den bewohnten Inseln kommt es in meinen Augen weniger drauf an, da sie eh schon versaut sind. Am besten wäre natürlich, wenn weltweit mehr Anstrengungen unternommen werden, um Müll zu vermeiden und sachgerecht aufzuarbeiten. Auf dem Weg hierher hat John auch schon wieder ein riesiges Treibnetz gesichtet, das als künstliches Atoll Fische anlocken soll. Insbesondere die Chinesen und Philippinen arbeiten mit diesen illegalen Fangmethoden. Für Segelyachten, die sie in die Schraube bekommen, stellen sie auch eine große Gefahr dar. John fährt später mit Veronica noch einmal hinaus, um dieses Netz zu bergen. Trotz eines niedergehenden Tropenschauers soll geschnorchelt werden. Das Meerwasser ist wärmer als der Regen. Die Unterwasserlandschaft ist beeindruckend, obwohl das Licht alles andere als ideal ist. Als ich Marlene ins Wasser helfen will, verletze ich mich an einem Korallenblock. Deshalb schwimme ich nur eine kurze Runde, denn es gibt mir hier zu viel Haie. Es dauert bis Fiji, ehe die Wunde abgeheilt ist. Am Sonntag ziehen wir unsere besten Sachen an und nehmen an John's Familiengottesdienst teil. Er hat einige Textstellen aus der Bibel ausgewählt, die er seinen Jungs nahe bringt. Zwischendurch singen wir einige Lieder zur Gitarre. Obwohl ich nicht alle seine Ansichten teile, reißt mich sein fester Glaube und seine positive Ausstrahlung einfach mit. Es geht auf das Ende der hurrikanfreien Saison zu. Kaum noch neue Yachten treffen ein und alle denken ans Weiterfahren, denn der Pazifik ist noch weit. Am letzten Abend haben wir uns noch einen besonderen Gag ausgedacht. Alle kommen in Abendgarderobe. Es wird wieder recht vergnügt. Das Essen wurde in den geflochtenen Schalen angeboten, die Veronica mit den Frauen gefertigt hat. Der Abschied fällt uns schwer, insbesondere Till, der seine neuen Freunde nun schon wieder verlassen muß. Mitten hinein platzt die Nachricht von einem Tsunami, der in West- und Amerikanisch Samoa verheerende Schäden angerichtet und etliche Menschenleben gekostet hat. Auch Niutoputapu in Tonga, wo wir ursprünglich hinsegeln wollten, hatte Tote zu verzeichnen. Da haben wohl unsere Schutzengel wieder alle Hände voll zu tun gehabt. Viele besorgte Anfragen haben uns per e-mail erreicht und wir möchten uns hier für die Anteilnahme und Gebete bedanken. FijiZusammen mit vier anderen Yachten verlassen wir an diesem Tag das gastfreundliche Suwarrow, das uns so ans Herz gewachsen ist. Wir wollen direkt nach Vanuatu fahren, aber das Schicksal will es wieder anders. Es wird eine recht windarme, sprich: langsame Fahrt und wir beschließen unterwegs aufgrund der Vorratslage, lieber das "nur" noch 600sm entfernte Fiji anzulaufen, als die restlichen 1200 Seemeilen bis Vanuatu zu wagen. Einen weiteren Zwischenstop in Samoa wollen wir uns aus Zeitgründen und wegen der Tsunamifolgen nicht leisten. Wir nehmen Funkkontakt mit dem Pacific Seafarers Net auf, das uns auch die Information zukommen lässt, dass man seine Ankunft in Fiji vorher anmelden muß. Wir können zwar die 48h dafür nicht mehr einhalten, sind aber trotzdem aus dem Schneider. Zwei französische Yachten, die davon nichts gewusst haben, wurden mit umgerechnet 6000 US$ Strafe bedroht und mussten umständliche Erklärungsbriefe verfassen. Irgendwo zwischen West-Samoa und Tonga verläuft die Datumsgrenze. Wenn man westwärts unterwegs ist, bekommt man ja jeden Tag einige Minuten geschenkt. Bei unserem Tempo ist es etwa eine Stunde Zeitverschiebung in sechs Tagen. Wir haben in der Regel die Zeit des Abfahrtsortes beibehalten und die Uhren erst nach Erreichung des Ziels umgestellt. An der Datumsgrenze müssen wir die ganzen geschenkten Stunden auf einen Schlag "abliefern", es fällt einfach ein Tag aus. Geographisch geschieht das am 180. Längengrad, obwohl einige Länder wie Tonga und Kiribati, die östlich davon liegen, Ausnahmen davon bilden. Da wir die politischen Grenzen auf dem Wasser nicht gut auszumachen sind, halten wir uns lieber an den Längengrad, den wir am 10.10.09 gegen 20:30 Uhr mitten in fijianischen Gewässern passieren. Der 11. Oktober ist demnach nur noch 3 ½ Stunden lang. Pech für die Geburtstagskinder! Das schöne Wetter verlässt uns die letzten beiden Tage und bei Sturmböen bis 35 Knoten müssen wir durch die vorgelagerten Inseln kreuzen. Als wir in Suva einlaufen, regnet es in einem fort und eine neben uns liegende Yacht, deren Besatzung auf Landgang war, treibt trotz Hilfe anderer Segler immer mehr ab. Zum Glück kommt die Crew rechtzeitig zurück, bevor ein Unglück passierte. Vielleicht hatte ihr Anker auch in etlichem Gerümpel Halt gefunden, das sie später beim Einholen der Kette an die Oberfläche zogen.Was an Fiji als erstes auffiel, war das offene, freundliche Lachen seiner Einwohner. Die Fijianer gehören zu den Melanesiern und ich würde sie glatt für Afrikaner halten, wenn ich ihnen anderswo begegnen würde. Dieses Lachen hat nichts mit der amerikanischen Höflichkeitsfratze zu tun, sondern kommt von Herzen. Fiji steckt aber in einem großen Dilemma. Da die Fijianer keinen besonderen Ehrgeiz und keine große Geschäftstüchtigkeit zeigten (wozu auch, wo es doch das runde Jahr warm ist und nicht an Essen mangelt), taugten sie nicht als Plantagenarbeiter für die Zuckerrohrfelder der europäischen Herren, so dass dafür viele Arbeitskräfte aus Indien angeworben wurden. Deren Nachkommen sind inzwischen so zahlreich, dass sie ungefähr die Hälfte der Bevölkerung ausmachen. Sie prägen insbesondere das Bild der Städte und das Geschäftsleben, betreiben Handel jeder Art etc. Nach fijianischem Gesetz steht jedem Einwohner das Recht auf Land zu, das zum Überleben reicht. Das gilt aber nicht für Ausländer. Nun ist es bereits mehrfach dazu gekommen, dass bei den Wahlen die Inder die Mehrheit bekamen. Ämter und Posten wurden natürlich neu verteilt und Gesetze sollten geändert werden. Die Fijianer reagierten mit Putsch und setzten ihre Leute wieder ein. Die gegenseitigen Korruptionsvorwürfe nehmen kein Ende. Die meisten der dort lebenden Inder waren noch nie in Indien. Wieviel Generationen müssen vergehen, ehe man gleichberechtigt in seinem Geburtsland als Bürger anerkannt wird? Was sollen dagegen die Fijianer gegen die erdrückende Übernahme durch die fremde Kultur machen? Sie haben ja nur diese ihre Inseln. Suva ist ein Regenloch. Die vom Passat herangewehten Wolken bleiben an den Bergen hängen und regnen sich ab. Eigentlich ist es gar nicht so unangenehm, dass die Sonne nicht so ballert, solange es trocken bleibt. Nach den dünn besiedelten Inseln des Pazifiks gibt es hier wieder das volle Angebot an Konsumgütern und Fiji ist sicher für westliche Geldbörsen ein Einkaufsparadies. Obwohl die Offiziellen am ersten Tag zu uns an Bord gekommen sind, müssen wir zu drei verschiedenen Behörden noch einmal persönlich hin. Dabei sichten wir auch den üppigen Obst- und Gemüsemarkt. Wie eine Oase nach langer Strecke durch eine Wüste! Restaurants sind superbillig, aber man hat hauptsächlich die Wahl zwischen indischem (für die Kinder zu scharf) und chinesischem Essen. Die Menschen sind auffällig gut gekleidet. Wir sehen niemanden zerlumpt herumlaufen. Die indischen Frauen in ihren glitzernden Gewändern sind eine wahre Augenweide. Es ist eine Woche vor Diwali und die Schaufenster sind voll von Prunkstücken. Die weibliche Crew ist hin und weg und selbst der Skipper nicht abgeneigt, für solche Kleider ein paar Euro springen zu lassen. Die Fijianer tragen eher Kleider und Hemden in Mustern wie in Polynesien.Hauptgrund um Suva anzulaufen, war, dass wir ein australisches Visum beantragen müssen. Der Einfachheit halber soll es ein "multiple entry"-Visum sein, denn wir wollen ja zwischendurch nach Neuseeland und mitten im indischen Ozean auf dem Weg nach Südafrika liegen auch noch ein paar Inseln, die zu Australien gehören. So stellen wir uns mit den Einheimischen in eine Schlange und kommen den ersten Tag mit einem Stapel voller Papiere, am nächsten Tag nach etlichen Stunden mit unseren frisch gedruckten Visa heraus. In Erinnerung behalten werden wir das Diwali-Fest, das sozusagen das "Weihnachtsfest" für die Hindus ist. Die Häuser werden mit Lichterketten geschmückt, wobei das schönste einen Preis gewinnen kann. Überall werden Kerzen aufgestellt und man verteilt Geschenke und spezielle Süßigkeiten. Es gibt jede Menge Feuerwerk und man besucht sich an diesem Abend reihum. Wir guckten uns das alles vom Taxi aus an und kamen an einem Haus auch mit einer Familie kurz ins Gespräch. Die Häuser konzentrierten sich nicht auf ein Viertel, sondern lagen mittenmang von unbeleuchteten. Zu Weihnachten schmücken dann die christlichen Familien ihre Grundstücke. So gibt es zweimal im Jahr Grund zu feiern und natürlich auch zwei Tage frei. Touristischerseits besuchen wir das Fiji-Museum, den Colo-i-Suva-Nationalpark und das etwas enttäuschende Arts Village in Pacific Harbour. Für weitere Entdeckungen bleibt keine Zeit, denn wir wollen endlich in Australien ankommen und dort in Ruhe ein Plätzchen zum Bleiben für die Cyclon-Saison suchen, bevor wir über Weihnachten nach Neuseeland reisen. Ab Ende Januar sollen die Kinder in eine australische Schule gehen.Am 22. Oktober nehmen wir den letzten langen Törn in Angriff, der uns zu unserem großen Zwischenziel Australien bringen soll. Wir haben das Wetter studiert. 20 Knoten von hinten bei Querwelle. Das sollte gehen. Es wird sicher nicht gemütlich, aber vielleicht wird es wenigstens eine flotte Fahrt. Änderungen stehen nicht in Aussicht, soweit die Vorhersagen reichen. Wir melden uns per Funk jetzt nicht nur im amerikanischen Pacific Seafarersnet, sondern auch in der deutschen Wetterrunde von Winfried, der uns gute Bedingungen bestätigt. Der Südostwind brachte kalte Luft mit und wir mußten wieder lange Sachen und Segelklamotten heraussuchen. An Tills Hochwasser-Hosen konnte man sehen, wie viel er inzwischen gewachsen war. Nachts bekamen die Kinder Fleecedecken und ich lief zur Erheiterung der restlichen Crew mit Mütze rum. Die Sonne war nicht mehr lästig, sondern willkommen und wir genossen es insbesondere vormittags ausgiebig. Am zweiten Segeltag hatten wir ein ganz besonderes
Tiererlebnis. Lars war im
Cockpit eingenickt, als plötzlich ein Tölpel auf seinem Bein landete.
Den
Schreck könnt ihr euch sicher vorstellen. Der Vogel rutschte auf den
Steuerseilen unserer
Windsteueranlage herum, um
schließlich eine Etage tiefer auf der Bank Platz zu
nehmen und sich in Ruhe zu putzen, nachdem er uns schön auf unsere
Hölzer und
Seile gekackt hatte. In seiner ungeschickten Art landete er irgendwann
auf dem
Boden des Cockpits hinterm Steuerrad, wo Lars ihn griff und hoch in die
Luft
warf, damit er wegfliegen konnte. Er kehrte noch einmal auf Lars
ausgestreckten
Arm zurück wie ein abgerichteter Adler und die beiden hielten ein
kleines
Schwätzchen.Auch die Australier wollen vorher informiert werden, wenn
man sich
auf dem Seeweg nähert und werden sonst ganz ungnädig. Wir haben schon
von Fiji
aus Bescheid gegeben und sogar noch eine nette
Bestätigungsmail
bekommen. Geschätzter Ankunftstermin: Freitag, 6. November.
Dieser Törn wurde wirklich spannend, denn am Wochenende ankommen,
hieße, 330 $
mehr bezahlen. Anfangs kamen wir recht gut voran, mal mehr und mal
weniger
bequem. Dann wieder schafften wir trotz 20 Knoten Wind nur geringe
Etmale und
sahen unsere Chancen auf rechtzeitige Ankunft schwinden. Dafür brachte
uns ein
nahezu flautiger Tag viele Meilen, da die See platt wie ein Löschteich
war. Als
uns 200 sm vor Coffs Harbour die Gegenströmung packte, war es fast zum
Verzweifeln. Wir hatten uns schon fast Donnerstag Abend ankommen sehen.
Mit der
jetzigen
Geschwindigkeit
würden wir dagegen noch 6 Tage unterwegs sein. Zu allem Unglück
gaben die Australier Sturmwarnungen für das Seegebiet heraus, das wir
durchqueren mussten. Die Windmeldungen änderten sich alle 6 Stunden und
entsprechend mussten wir immer wieder umdisponieren, was für uns das
Beste wäre.
Am Ende konnten wir nur noch auf eine starke Strömung zu unseren
Gunsten hoffen,
die uns rechtzeitig vor Dienstschluß der Behörden ankommen lassen
würde.
Wie es uns in Australien und Neuseeland erging, erfahrt ihr beim nächsten Mal auf einer neuen Seite
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